Wie konnten Trumps Beschützer so versagen? (2024)

Vorwürfe an den Secret Service Wie konnten Trumps Beschützer so versagen?

Von Tobias Nordmann 14.07.2024, 12:44 Uhr Artikel anhören

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Bei einer Wahlkampfveranstaltung entgeht der ehemalige US-Präsident Donald Trump nur knapp einem Mordanschlag. Ein junger Mann kann von einem Dach fünf Schüsse abfeuern. Wie kann das sein? Es gibt schwere Vorwürfe an den Secret Service.

Nach dem versuchten Anschlag auf Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung in der kleinen Stadt Butler im US-Bundesstaat Pennsylvania ist der Secret Service massiv in die Kritik geraten. Die zentrale Frage: Wie konnte es sein, dass sich ein Mann knapp 150 Meter vom amerikanischen Präsidentschaftskandidaten entfernt auf einem Dach positionieren und von dort aus schießen konnte?

Der 78 Jahre alte Trump wurde am Ohr verletzt. Ein Zuschauer starb, zwei weitere Personen wurden verletzt und waren offenbar zunächst in kritischem Zustand. Der Attentäter wurde nach den Schüssen von Mitarbeitern des Secret Service getötet. Der Secret Service hat unterschiedliche Aufgaben, eine der wichtigsten ist der Schutz des Präsidenten - und von Ex-Präsidenten.

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Bei dem Attentäter handelt es sich nach Angaben des FBI, das für die Ermittlungen zuständig ist, um den 20-jährigen Thomas Matthew Crooks. Dass er überhaupt auf das Dach gelangen und den Anschlag offenbar ungestört vorbereiten konnte, sorgt für Fassungslosigkeit. Der Sprecher des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, wie Trump Republikaner, forderte, dass die Direktorin des Secret Service, Kimberly Cheatle, sowie hochrangige Vertreter des FBI schnellstmöglich angehört werden müssten. Der Sender NBC News sieht in dem versuchten Anschlag "das Ergebnis eines schwerwiegenden Fehlers, vielleicht des größten, seit Präsident Ronald Reagan 1981 vor einem Hotel in Washington angeschossen und verwundet wurde".

Im britischen Sender BBC berichtete der Augenzeuge Greg Smith, wie er den Anschlag wahrgenommen hatte, und erhob dabei schwere Vorwürfe gegen die Sicherheitsbehörden. Gemeinsam mit Freunden hatte er sich auf einer Anhöhe versammelt. Sie konnten Trump zwar nicht bei seiner Rede sehen, aber ihn hören. Dafür, sagt Smith, konnten sie den vermeintlichen Attentäter auf einem Gebäude neben sich sehen. "Er war etwa 15 Meter von uns entfernt. Wir haben direkt auf den Kerl, der auf dem Dach herumkrabbelt, gezeigt. Er hatte ein Gewehr. Wir konnten das deutlich sehen. Die Polizei läuft da unten auf dem Boden herum. Wir sagen: Hey Mann, da ist ein Typ mit einem Gewehr auf dem Dach. Und die Polizei sagte: Häh, was? Als wüssten sie nicht, was los war."

"Grundlegender Sicherheitsfehler"

Smith sagte, er habe sich gefragt, warum Trump überhaupt noch weiter sprach, warum er nicht von der Bühne geholt worden sei. Er selbst habe zwei oder drei Minuten auf den Mann gezeigt und sei dabei vom Secret Service beobachtet worden. Dann fielen die Schüsse auf Trump, fünf Stück. Steve Nottingham, ein ehemaliger SWAT-Kommandant in Long Beach, bezeichnete die Schießerei bei NBC als "grundlegenden Sicherheitsfehler". Er geht von Störungen bei der Aufklärung vor dem versuchten Anschlag oder bei der Echtzeitüberwachung aus. Jim Cavanaugh, ein ehemaliger FBI-Spezialagent, kritisierte das Verhalten der Personenschützer. Normalerweise würde jede Anhöhe, jedes Dach in der Umgebung eines solchen Veranstaltungsorts besetzt.

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Der Kampagnen- und Strategieberater Julius van de Laar zeigte sich im Interview mit ntv ebenfalls irritiert über das Vorgehen. "Der Secret Service", sagt er, "wird in den nächsten Tagen und Wochen Fragen beantworten müssen, warum das Sicherheitskonzept nicht noch dichter und engmaschiger war." Gerade auch, weil dieser Wahlkampf so "aufgeheizt und zugespitzt ist, wie man es noch nie zuvor gesehen hat". Van de Laar erinnert daran, dass Anschläge auf hochrangige Politiker nichts Neues seien. So wurden einst John F. Kennedy und sein jüngerer Bruder Robert Francis Kennedy ebenso wie Ronald Reagan Opfer von Attentaten. Zum Glück, sagt van de Laar, sei in diesem Fall nicht noch Schlimmeres passiert. "Man kann sich gar nicht vorstellen, welche Auswirkungen das für das Land und den demokratischen Wahlprozess gehabt hätte!"

Van de Laar, der am ersten Wahlkampf des späteren US-Präsidenten Barack Obama beteiligt war, berichtet auch über die großen Sicherheitsvorkehrungen bei Wahlkampfauftritten: "Barack war damals der Kandidat, der am frühesten Schutz vom Secret Service bekommen hat, weil er so einer großen Bedrohung ausgesetzt war." Selbst Polizisten hätten in der Umgebung von Obama ihre Waffen abgeben müssen. "Kurz bevor Obama auf die Bühne gekommen ist, hat man gesehen, wie überall auf den Dächern die Scharfschützen hochgekommen sind und alles von oben abgesichert haben."

Gab es keine Luftüberwachung?

Trump-Anhänger und Tesla-Chef Elon Musk forderte den Rücktritt der Leitung des Secret Service. Ein Vertreter des FBI sagte gegenüber Reportern, es sei überraschend, dass der Verdächtige mehrere Schüsse habe abgeben können. Nach Medienberichten soll sich der Schütze außerhalb des sogenannten Sicherheitsbereichs befunden haben. Spezialagent Cavanaugh fragt sich allerdings, ob der Sicherheitsbereich ausreichend groß gewesen sei. Ein Hochleistungsgewehr wie ein AR-15 könne Ziele in einer Entfernung von 200 Metern treffen. Trump befand sich etwa 148 Meter vom Dach entfernt, von dem der Schütze gefeuert haben soll, wie die "New York Times" durch eine Analyse von Google-Earth-Bildern herausfand.

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Bei CNN warf ein ehemaliger FBI-Geheimagent die durchaus brisante Frage auf, warum es offenbar keine Überwachung des Veranstaltungsorts mit Drohnen oder per Flugzeug gegeben habe. Der ehemalige Secret-Service-Mitarbeiter Paul Eckloff sagte Reuters, dass Secret-Service-Agenten routinemäßig alle Dächer mit Sicht auf die Kundgebung überwachen. "Diese Person hat sich entweder versteckt, bis sie zu einer Bedrohung wurde, oder sie war keine Bedrohung, bis sie ihre Waffen zeigte", sagte Eckloff.

Der Secret Service hat bislang keine Antwort auf all diese Fragen. An einer Pressekonferenz nach dem Anschlag in Butler nahmen lediglich das FBI sowie die örtlichen Polizeibehörden teil. Der Secret Service habe keinen Vertreter schicken können, hieß es dort. Er sei gerade zu beschäftigt.

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